Geographische Lage:
Das Seebad Lohme ist ein romantisch schön gelegener Badeort an der Nordküste der Halbinsel Jasmund, der schönsten der Halbinseln Rügens, ¾ Stunde von der Stubbenkammer entfern, gegenüber Arkona.
Seine reichbewaldeten hohen Ufer stehen nach Osten zu in direkter Verbindung mit den großen Buchenwaldungen der Stubbnitz über Stubbenkammer nach Saßnitz. Nach Westen hin zieht sich die Uferwaldung etwa 8 Kilometer ununterbrochen an der Küste entlang. Gut gehaltene Waldwege bieten die schönsten Spaziergänge, und majestätisch schöne Ausblicke auf das weite Meer und zu den Kreidefelsen Arkonas eröffnen sich dem Wanderer.
Klimatische Verhältnisse:
Das Klima von Lohme ist ein sehr mildes, die hohen Temperaturen im Sommer werden durch kühlende Seewinde gemildert, auch im Herbst ist es niemals rauh und kalt.
Die frische See- und Waldluft ist absolut staubfrei. Die Lage ist sehr geschützt durch die umgebenden Waldungen.
Kurmittel:
Lohme hat zwei große Badeanstalten, darin enthalten Damen-, Herren- und Familienbad, ein Warmluftbad für warme Seebäder. Der außerordentlich kräftige Wellenschlag, reicher Salzgehalt des Seewassers machen das Baden in Lohme zu einem Hochgenuß. Es übt auf die Haut einen prickelnden Reiz und zwingt zu kräftiger körperlicher Bewegung; auf diese Weise wird der Stoffwechsel ganz intensiv angeregt. Durch die sich etwa 50 Meter über dem Wasserspiegel erhebenden hohen Ufer ist reichlich Gelegenheit zum Bergsteigen und ausgiebiger Körperbewegung gegeben; so daß man von einer Art Terrainkur hier sprechen kann.
Lohme ist kein Mode- und Luxusbad, sondern in erster Linie ein Zufluchtsort für Leute, die Ruhe und Erholung nötig haben und suchen.
Lohme zeichnet sich vor anderen Bädern aus durch seine ozonreiche Wald- und Seeluft; deshalb ganz besonders geeignet und von Ärzten empfohlen für Erholungsbedürftige und Rekonvaleszenten nach schwerer Erkrankung der Atmungsorgane und nach Infektionskrankheiten, außerdem ist die Heilwirkung in Lohme ausgezeichnet bei Nervosität und Neurasthenie. Auch bei Stoffwechselerkrankungen ist Lohme sehr empfehlenswert. Es ist reichlich Gelegenheit zur sportlichen Betätigung im Rudern und Segeln gegeben.
Besuchszahl:
1927: 2120 Badegäste ohne Touristenverkehr.
Dauer der Kurzeit: Badezeit vom 15. Juni bis 15. September.
Zum Kuraufenthalt ist Lohme das ganze Jahr geeignet und kann der Frühjahrs- und Herbstaufenthalt ganz besonders empfohlen werden.
Badearzt: In der Hauptbadezeit im Ort wohnhaft;
Apotheke: Filiale der Sagarder Apotheke.
Hotels: Strand-Hotel, Hotel Mau, Ruges Gast- und Logierhaus, Hotel zur Linde
Pensionen: Haus Menz, Villa Seeblick, Villa am Meer, Pension Trost, Pension H. Freese, Villa Hertha, Pension Grey, Villa Albert, Villa Fernsicht, Pension Meeresgruß, Villa daheim, Villa Vineta;
Privatwohnungen sowie Wohnungen mit Küchenbenutzung reichlich vorhanden.
Das Badeleben ist still, zwanglos und äußerst gemütlich. Segelpartien nach Arkona, sowie Ausflüge per Dampfer nach Saßnitz, Binz, Sellin und Göhren bieten reichlich Abwechslung und Unterhaltung.
Umgebung und Ausflüge: Einen Hauptreiz bilden die wundervollen Spaziergänge in Lohmens nächster Umgebung. In der Nähe von Lohme befinden sich Hünengräber und im Walde zahlreiche erratische Blöcke, wie man sie außerdem noch in Nardevitz und an den Forellenteichen bei Dietzke (beide in der Nähe von Lohme) antreffen kann. Am Ufer zieht sich durch die Buchenwaldungen über Stubbenkammer bis Saßnitz eine herrliche Promenade hin. Der Weg gewährt unvergleichlich schöne Ausblicke auf das Meer. Es ist nach allgemeinem Urteil der schönste Weg auf der ganzen Insel. Die Stubbenkammer, welche man in ¾ Stunden erreicht, ist mit ihrem Hauptteil, dem Königsstuhl, zweifelsohne die herrlichste Felsenpartie auf Rügen. Ein blendend weißer 120 Meter hoher Kreidefelsen leuchtet aus dem dichten Grün des Laubwaldes hervor und fällt steil in das blauschimmernde Meer hinab.
Nicht minder interessant ist der überraschend schöne nahe Herthasee. Still und regungslos liegt er inmitten einer schönen dicht bewaldeten Umgebung da.
Die Herthaburg, unmittelbar am See, ist ein etwa 20 Meter langer Wall, von dem aus man einen wunderschönen Ausblick auf die See und Arkona hat. In der Nähe ist auch ein alter Opferstein, wie sie sich auch am Rysvinberge und bei den Quoltitzer Schlämmereien finden: beide sind von Lohme nicht weit entfernt.
Nach Westen geht von Lohme ein schöner Fußsteig in dem hohen, dichtbewaldeten Ufer über die anmutigen Stranddörfer Blandow, Nardevitz bis Koosdorf, von dort nach Glowe und der Schaabe. Die Schaabe ist ein schmaler, mit Kiefernwald bewachsener Landstreifen, der die Halbinsel Wittow und Jasmund miteinander verbindet und die Tromper Wiek von dem großen Jasmunder Bodden trennt.
Kurtaxe: Pro Tag und Person 0,50 Mark. Bei längerem Aufenthalt von über 14 Tagen 1 Person 8 Mark, 2 Personen 15 Mark., 3 Personen 21 Mark, 4 und mehr Personen 26 Mark. Passanten und Kinder unter 6 Jahren sind kurtaxfrei.
Preise der Bäder: Für Inhaber von Kurtaxkarten sind sämtliche Seebäder am Strande und in den Badeanstalten frei. Warme Seebäder 1 Mark.
Richtpreise für die Kurzeit 1928: In einfachen Pensionshäusern Zimmer pro Nacht von 1,25 Mark an. Zimmer mit voller Pension von 4,50 Mark an. In Hotels und erstklassigen Pensionen Zimmer pro Nacht von 2 Mark an. Zimmer mit voller Pension von 5 Mark an. Für Licht, Wäsche, Bedienung und Steuern wird ein Zuschlag von 10 bis 15 Prozent erhoben.
Bank: Spar- und Darlehnskasse Lohme. Ausführung aller bankmäßigen Geschäfte. Rostocker Bank, Agentur Saßnitz.
Postamt: Im Ort befindlich, Villa Heimchen.
Reiseverbindung: Von Berlin ist Lohme mit Schnellzug in etwa 6 ½ Stunden zu erreichen, entweder über Sagard, von dort Postautoverbindung direkt nach Lohme oder über Saßnitz, von wo aus Lohme per Motorboot mit direktem Anschluß an die Züge zu erreichen ist.
Für Automobilbesitzer ist von der Gemeinde eine neue, moderne Auto-Garage erbaut worden. Auto-Garagen werden auf Tage und Wochen vermietet.
Auskünfte und Übersendung illustrierter Prospekte unter Beifügung von Rückporto durch die Badeverwaltung.
Ausflugsstrecke von Schaprode, über Quoltitz, Glowe, Nardevitz, Blandow, Lohme zum Herthasee mit der Herthaburg.
Weihnachtslied**
Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.
Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre ferne Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstille Herrlichkeit.
Ein frommer Zauber hält mich wieder,
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.
Quellenangaben:
* Die Ostsee - Führer durch Badeorte
**Theodor Storm - Gedichte 1885
